Die gesetzliche Erbfolge
- Zuletzt aktualisiert am Dienstag, 19. November 2024 12:21
- Geschrieben von Christoph Sander
Um die neue europäische Erbrechtswahl optimal nutzen zu können, ist es hilfreich, sowohl das deutsche als auch das spanische Erbrecht zu kennen. Hier spielen besonders die Unterschiede in Bezug auf Erbfolge und Pflichtteilsberechtigte eine wichtige Rolle, da die jeweiligen Unterschiede je nach Testamentswunsch umfangreich genutzt werden können.
Die gesetzliche Erbfolge
Die gesetzliche Erbfolge findet immer dann Anwendung, wenn der Erblasser diese nicht durch ein Testament selbst bestimmt hat bzw. keine Erben berufen hat. Aufgrund des neuen Wohnsitzprinzips im europäischen Erbrecht, ist es durchaus möglich, dass ein in Spanien lebender Deutscher der vor seinem Tod nicht die entsprechende Erbrechtswahl getroffen hat, nach spanischem Recht beerbt wird. In diesem Fall wird die spanische Erbfolge angewandt.
Im Allgemeinen sind die im deutschen und im spanischen Erbrecht enthaltenen Bestimmungen hierzu sehr ähnlich und gründen sich in beiden Fällen in die verschiedene Verwandtschaftsgrade des Erblassers. Verwandte des ersten Grades schließen Verwandte des zweiten Grades aus, diese die des dritten Grades usw. Einer der auffälligsten Unterschiede zwischen dem spanischen und dem deutschen Erbrecht, besteht in den Bestimmungen in Bezug auf den überlebenden Ehegatten des Erblasser, welche im nächsten Abschnitt näher erläutert werden.
Das im Folgenden dargestellte Schaubild zeigt zunächst die Erbfolge im spanischen Recht auf. Es erben als erstes die Nachkommen (1). Sollte der Erblasser keine Nachkommen haben (weder Kinder noch Enkel) erben sein Vorfahren (2). In diesem Fall steht dem überlebenden Ehegatten der Nießbrauch der Hälfte (½) der Erbschaft zu.
Hat der Erblasser weder Nachkommen noch lebende Vorfahren, geht das Erbe in das Eigentum des Ehepartners ein (3). Ist der Erblasser nicht verheiratet, geht das Erbe auf seine Geschwister und deren Nachkommen (Neffen und Nichten) über (4). Sind auch diese nicht zu finden erbt als letzter der Staat oder im Fall der Foralrechte, die Comunidad Autónoma.
Hat der Erbe Nachkommen, erben diese vor allen andern und schließen deren Erbe somit aus. Hierbei ist zu beachten, das selbst wenn kein Testament gemacht wurde, der überlebende Ehepartner ein Recht auf den Nießbrauch eines Drittels (1/3) des Erbes hat, solange dieser zum Zeitpunkt des Todes nicht getrennt war. Die Trennung kann hierbei gerichtlich oder auch de facto sein.
Innerhalb der Nachkommen erben grundsätzlich erst die Kinder des Erblassers und nur wenn diese bereits verstorben sind dessen Kinder bzw. die Enkel des Erblassers. Im Fall, dass der Erblasser mehrere Kinder hinterlässt, von denen eines bereits verstorben ebenfalls ist und mehrere Nachkommen hat, erben diese den gleichen Teil der dem verstorbenen Kind zugedacht wäre (representación).
Im deutschen Recht ist bis auf die direkte Erbquote des überleben Ehepartners eine große Zahl von Gemeinsamkeiten zu beobachten. Somit erben in beiden Fällen die Nachkommen bzw. Kinder und Enkel des Erblassers zu erst und nur im Falle des Todes eines Nachkommens, erben dessen Kinder bzw. die Enkel des Erblassers (Erbfolge nach Stämmen). Hat der Erblasser keine Nachkommen, erben dessen Eltern und deren Abkömmlinge. Leben zur Zeit des Erbfalls die Eltern, so erben sie allein und zu gleichen Teilen. Lebt zur Zeit des Erbfalls der Vater oder die Mutter nicht mehr, so treten an die Stelle des Verstorbenen dessen Abkömmlinge. Sind Abkömmlinge nicht vorhanden, so erbt der überlebende Vorfahre allein.
Im Gegensatz zum spanischen Recht, erben im deutschen die Geschwister vor den Großeltern. Diese erben nur, wenn weder die Eltern des Erblassers noch deren Nachkommen leben. Die gleiche Regel ist auch auf die Urgroßeltern anzuwenden.
Das Ehegattenerbrecht:
Wie bereits am Anfang dieses Artikels erwähnt, besteht einer der auffälligsten Unterschiede zwischen dem spanischen und dem deutschen Erbrecht in den Bestimmungen hinsichtlich des überlebenden Ehepartners des Erblassers. Im deutschen Erbrecht wird dem Ehegatten eine direkte Erbquote zugesprochen wohingegen im spanischen Erbrecht der Ehepartner nur dann Erbe wird, wenn weder Nachkommen noch Vorfahren des Erblassers vorhanden sind. Damit auch hier der Ehepartner geschützt wird, wird ihm im spanischen Recht ein lebenslanger Nießbrauch an einem Teil der Erbschaft zugesprochen.
Sowohl im deutschen als auch im spanischen Erbrecht, entspricht der Anteil des Erbes bzw. der als Nießbrauch zugesprochene Anteil, je nachdem welche gesetzlichen Erben (Kinder, Enkel, Eltern, Geschwister) zum Erbe berufen werden. So steht dem überlebenden Ehepartner im spanischen Recht der Nießbrauch eines Drittels (1/3) der Erbschaft zu, wenn Nachkommen erben. Sollten keine Nachkommen vorhanden sein und somit die Vorfahren erben, steht dem Ehepartner die Hälfte der Erbschaft als Nießbrauch zu (1/2). Sollten weder Nachkommen noch Vorfahren am Leben sein, steht dem Ehepartner das gesamte Erbe zu und geht in sein Eigentum über.
Nach deutschem Recht ist der überlebende Ehegatte des Erblassers neben den Abkömmlingen bzw. Kindern und Enkeln des Erblassers zu einem Viertel, und neben den Eltern des Erblassers und deren Abkömmlingen zur Hälfte der Erbschaft als gesetzlicher Erbe berufen. Sind weder Nachkommen, Vorfahren noch Geschwister vorhanden, so erhält der überlebende Ehegatte die gesamte Erbschaft.
Haben die Ehepartner keinen Ehevertrag geschlossen, wird die gesetzliche Zugewinngemeinschaft an die Ehe und den Erbfall angewandt, wodurch der gesetzliche Erbteil des Ehepartners um ¼ erhöht wird (Zugewinnausgleich). In diesem Fall steigt der Anteil des Ehepartners somit auf die Hälfte der Erbschaft. Bestand beim Erbfall Gütertrennung und sind als gesetzliche Erben neben dem überlebenden Ehegatten ein oder zwei Kinder des Erblassers berufen, so erben der überlebende Ehegatte und jedes Kind zu gleichen Teilen. Außerdem bestehen besondere Regelungen für den ehelichen Haushalt.
Das Erbrecht des überlebenden Ehegatten sowie das Recht auf den Ausgleich ist ausgeschlossen, wenn zur Zeit des Todes des Erblassers die Voraussetzungen für die Scheidung der Ehe gegeben waren und der Erblasser die Scheidung beantragt oder ihr zugestimmt hatte. Anders als im spanischen Recht reicht eine einfache Trennung hier nicht aus.
Von Seitens unserer Kanzlei helfen wir Ihnen gern bei der Analyse Ihrer konkreten Situation, erstellen für Sie eine Erbrechts- und Steuerplanung und helfen Ihnen auch gern bei der Erstellung des entsprechenden Testamentes. Bei Interesse oder konkreten Fragen zum Thema, stehen wir Ihnen gern per Mail oder telefonisch in deutscher Sprache zur Verfügung.
Autor:
Christoph Sander
Rechtsanwalt & Steuerberater, Geschäfsführender Partner
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